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Segeln: News-Blog Vendée Globe: Boris Herrmann segelt wieder um die Welt


Stand: 13.11.2024 11:50 Uhr

Die 10. Auflage der Vendée Globe läuft. Der Hamburger Boris Herrmann zählt mit der Malizia – Seaexplorer bei seiner zweiten Teilnahme zu den Favoriten. Alle News und Hintergründe zur Solo-Weltumseglung im Live-Blog des NDR.

“Ein bisschen frustrierend” – Isabelle Joschke hadert

Isabelle Joschke ist aktuell 35. und hatte in den ersten Tagen ihrer zweiten Vendée Globe erneut große Schwierigkeiten, den richtigen Rhythmus zu finden. “Dieser Start in die Vendée Globe war an Bord der MACSF nicht einfach. Ich hatte den Eindruck, dass ich viele Dinge tat, aber nicht das, was nötig war. Im Grunde war ich die ganze Zeit dabei, habe aber die Dinge verkompliziert statt sie zu vereinfachen. Es hat mich erschöpft und deshalb bin ich nicht so schnell gesegelt”, schilderte die Deutsch-Französin: “Ich muss in den Rhythmus dieses ganz besonderen Rennens kommen, und im Moment habe ich es offensichtlich verpasst. Es ist ein bisschen frustrierend.”

Sie sei aber trotz allem “wirklich froh, hier zu sein”, betonte die 47-Jährige. Sie sei viel cooler und nicht mehr so gestresst wie vor vier Jahren, als sie mit Defekten kämpfte und nach einem längeren Reparaturstopp in Brasilien hinterhersegelte. “Und vor allem weiß ich, dass der Weg noch lang ist.”

Harte Nacht für Clarisse Crémer

Die Probleme beim “Mount Everest der Meere” häufen sich nach einigen Tagen und einer rauen Nacht auf See. So erlebte Clarisse Crémer (L’Occitane en Provence) eine heftige Nacht, als sie vor der portugiesischen Küste ihr größtes Vorsegel verlor. Das bedeutet nicht nur Stress, sondern auch einen Nachteil bei Leichtwinden.

“Ohne dieses Segel werden die nächsten Tage bei leichtem Wind nicht viel Spaß machen. Ich habe viel Energie verloren, aber es liegt noch ein langer Weg vor mir”, teilte die Französin mit, die auf der ehemaligen Apivia unterwegs ist, mit der Charlie Dalin vor vier Jahren Gesamtzweiter wurde. Nach einer schlaflosen Nacht, in der sie in ständigem Austausch mit ihrem Team stand, versucht sich die 34-Jährige nun auszuruhen, um dann das Rennen den Atlantik hinunter fortzusetzen.

Herrmann weiter Achter

Boris Herrmann wurde in der Nacht im Tracker zwischenzeitlich sogar auf Platz fünf geführt und geht nun mit einem Rückstand von 67 Seemeilen auf den Führenden als Achter in den vierten Tag der Weltumsegelung. Der Brite Sam Goodchild (Vulnerable) fiel vom ersten auf den dritten Rang zurück. An der Spitze segelt der Franzose Yoann Richomme (Paprec Arkéa) vor Charlie Dalin (Macif Santé Prévoyance).

Die Flotte befindet sich zwischen den Azoren und Gibraltar und bewegt sich mit gut 20 Knoten auf die Kanaren zu.

Boris Herrmann sieht bei der Vendée Glob Benjamin Dutreux’ GUYOT Environnement – Water Family

Nicht gut läuft es für Maxime Sorel (V und B – Monbana – Mayenne). Der Franzose hatte Probleme mit dem Großsegel und sich bei der Reparatur auch noch den Knöchel verknackst, den er nun nicht bewegen kann. Er steht in Kontakt mit den Rennärzten.

Herrmann Achter – Herausforderungen in Sicht

Boris Herrmann arbeitet sich im Feld der Imoca-Rennyachten weiter nach vorn. Der Hamburger hat sich mit der Malizia auf Rang acht vorgeschoben, liegt 46 Seemeilen (ca. 85 Kilometer) hinter dem weiter führenden Briten Sam Goodchild (Vulnerable). Louis Burton (Bureau Vallée) und Yannick Bestaven (Maitre CoQ V) auf Rang sechs und sieben hat Herrmann in Sichtweite.

Das hat Will Harris ein “breites Grinsen” ins Gesicht gezaubert, wie der Co-Skipper in der Malizia Vendée Show berichtete. “Das ist ein gutes Zeichen. Er hat schlaue Entscheidungen getroffen.”

In Sichtweite für Boris Herrmann von der Malizia: Louis Burton (Bureau Vallée) und Yannick Bestaven (Maitre CoQ V)

Die werden auch nötig sein, wenn Herrmann und Co. am Donnerstag die Kanarischen Inseln passieren. “Die große Herausforderung für die Flotte wird dann sein, in den Korridor zwischen dem Hochdruckgebiet westlich und den Leichtwindzonen östlich zu kommen”, erklärte Harris, der viele Manöver erwartet.

Kleines Leck an Ruyants Vulnerable

Schon am Sonntag kurz nach dem Start hatte Thomas Ruyant bemerkt, dass er einen kleinen Wassereinbruch vorne an seiner Vulnerable hat. In der unruhigen See und im starken Wind vor Kap Finisterre an der Nordwestküste Spaniens musste der Franzose nun regelmäßig Wasser abpumpen. Laut seinem Team hat er die Situation unter Kontrolle und wird eingreifen, wenn die Zeit und das Wetter es zulassen. Ruyant ist derzeit Dritter der Gesamtwertung.

Sein Landsmann Fabrice Amedeo hatte unterdessen an Bord seines Bootes Nexans – Wewise einen Stromausfall, blieb jedoch gelassen und witzelte, dass sein Philosophiestudium ihn nicht darauf vorbereitet habe, mitten auf dem Meer auf allen Vieren Elektrik zu reparieren. Das Meer stelle seine Entschlossenheit vom ersten Tag an auf die Probe.

Herrmann und Malizia nun schon auf Rang neun

Boris Herrmann pusht weiter, ist mit über 21 Knoten stark unterwegs und nun schon Neunter – Tendenz steigend. Der Brite Sam Goodchild (Vulnerable) hat bei seiner VG-Premiere hauchdünn die Führung vor Charlie Dalin übernommen und gut 67 Seemeilen Vorsprung auf den Deutschen. Herrmanns ehemaliger Navigator Nico Lunven (Holcim – PRB) macht deutlich weiter westlich von der Flotte sein ganz eigenes Ding, orientiert sich aber nun auch nach Süden. Ob der Franzose mit dieser Strategie seinem Spitznamen “The Brain” einmal mehr gerecht werden wird?

Infos und Hintergründe zur Vendée Globe

Was ist die Vendée Globe? Wer ist dabei und wer zählt zu den Favoriten? Daten und Fakten zur härtesten Einhand-Regatta der Welt im FAQ.

Boris Herrmann hat Boden gutgemacht

Boris Herrmann hat den längeren Weg außen um das Verkehrstrennungsgebiet am Kap Finisterre genommen und davon profitiert. Er ist aktuell mit fast 20 Knoten unterwegs und hat sich nach seiner Aufholjagd nach schwierigem Start mit Problemen an der Steuerung auf den zwölften Platz vorgeschoben. Sein Rückstand auf den Führenden Charlie Dalin, der auf Macif Santé Prévoyance unter Land gesegelt ist, hat sich von über 100 auf gut 80 Seemeilen verkürzt.

Grafik aus dem Tracker der Vendée Globe

Die erste große Herausforderung steht an

Am Abend und in der Nacht wartet die erste große Herausforderung auf die Weltumsegler. Am Kap Finisterre werden Windstärken von 20 bis 25 Knoten erwartet mit Böen von bis zu 40 Knoten. Problem ist dabei vor allem ein Verkehrstrennungsgebiet. Die Skipper können es hyperlinks liegen lassen – der viel weitere und auch ruppigere Weg, der aber wahrscheinlich auch länger Wind bedeutet. Oder aber unter Land daran vorbeifahren. Dann dürfen sie mit weniger heftigen Wind-Bedingungen rechnen, müssen aber viele Manöver und Gefahren durch Berufsschifffahrt mit Fracht-, Containerschiffen und Fischerbooten in Kauf nehmen.

“Das wird sehr stressig”, prognostiziert Malizia-Co-Skipper Will Harris. “Die Boote, die da reinfahren und es schaffen, werden sicher zwischen 30 und 40 Seemeilen gewinnen. Aber wenn du einen Fehler machst oder es schlecht läuft, kann es dich schon nach wenigen Tagen die Vendée kosten.” Mit anderen Worten: Es gibt an dieser Stelle und zu diesem frühen Zeitpunkt nicht viel zu gewinnen – aber alles zu verlieren.

Die Sperrgebiete der Vendée Globe

Die Skipper müssen während der Vendée Globe einige Bereiche meiden. Drei verschiedene Arten von Sperrgebieten werden durch Global Positioning System-Punkte in ihrer Routing-Software angezeigt. Zonen mit starkem kommerziellen Verkehr, wie Schnellstraßen für Frachtschiffe und Containerschiffe, sind den Seglern im Nordatlantik bekannt, wie beispielsweise die Ushant-Schifffahrtsroute an der Spitze der Bretagne oder das Kap Finisterre im Nordwesten Spaniens. Es gibt sechs solcher Sperrzonen für die Imocas auf dem Kurs, zusätzlich eine Ölplattformzone vor der Küste Brasiliens. Ein neues Merkmal sind die Zonen zum Schutz der Biodiversität. Um Kollisionsrisiken mit Booten zu minimieren, wurden zwei Zonen auf dem Kurs als unzugänglich markiert, da sie eine wichtige Rolle als Migrations- und Brutgebiete für große Wale und andere Meeressäugetiere spielen, nahe den Azoren und Kap Verde. Die Eiszone oder Antarktische Sperrzone umschließt den Südpol, um zu verhindern, dass die Rennteilnehmer eine kürzere Route nehmen, die das Risiko birgt, auf treibendes Packeis, Eisberge oder Growlers – kleine Eismassen, die im Wasser treiben – zu stoßen. Die Zone wird ständig von Satelliten überwacht, um Bewegungen von Packeis und abgebrochene Eisberge zu identifizieren. Die Zone kann sich ändern, wenn das Rennmanagement über abdriftendes Eis auf dem Kurs informiert wird.

Kopfschmerzen und Schlafprobleme bei Boris Herrmann

Am Tag nach dem Start kämpft Boris Herrmann mit Kopfschmerzen und Schlafproblemen. Nach einer zeitraubenden Reparatur gleich zu Beginn und einer unruhigen ersten Nacht auf See ist der Hamburger etwas angeschlagen. “An Bord ist alles in Ordnung. Es gibt keine Probleme und wir arbeiten uns im Ranking nach vorn”, berichtete der Malizia-Skipper. Aber die erste Nacht sei nicht optimum gelaufen, zumal er Pech hatte mit Winddrehern und Böen. “Ich habe nicht viel geschlafen und ein bisschen Kopfschmerzen.” Die ersten 24 Stunden seien “sehr intensiv” gewesen, “aber ich finde meinen Rhythmus. Wir orientieren uns nun nach Süden.” Vor der spanischen Küste werde er dann auf kleinere Segel wechseln, aber nun erst einmal versuchen, einen Nap zu machen. “Eine simple Sache an Land, aber an Bord ist es nicht immer so einfach, mal eben Schlaf zu finden.”

Blinder Passagier auf Boris Herrrmanns Malizia

Allein um die Welt? Von wegen! Boris Herrmann hat an Bord der Malizia – Seaexplorer unverhofft Gesellschaft bekommen. Der Weltumsegler hat eine Spinne entdeckt – die vielleicht zur dauerhaften Begleitung wird. Je nach Art können Spinnen mehrere Jahre alt werden. Bei der Lösung der ersten Probleme mit dem Schiff warfare allerdings externe Hilfe gefragt. Die Technik-Crew unterstützte per Telefon.

Casiraghi: “Der Höhepunkt jahrelanger Arbeit”

Boris Herrmann gilt bei der Vendée Globe als einer der Favoriten. Vom Team Malizia gibt es aber keinen Druck. Mitbegründer Pierre Casiraghi sagte: “Die Vendée Globe ist ein so langes Rennen mit so vielen Variablen, dass es vor allem entscheidend ist, im Ziel anzukommen.” Der 37-Jährige, der Teil der Fürstenfamilie von Monaco ist, lobte den Hamburger für dessen Vorbereitung und Mitarbeit bei der Entwicklung der neuen Yacht. Dass es dem Team Malizia gelungen sei, wieder an der Vendée Globe teilzunehmen, sei “fantastisch” und “der Höhepunkt jahrelanger Arbeit. Uns ist es gelungen, das Projekt zukunftssicher zu machen”, so Casiraghi.

Langsam kommen die Boote in Fahrt

Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Vendée Globe 2024 haben die erste Nacht hinter sich und angesichts besserer Winde etwas an Fahrt aufgenommen. Von ihren Höchstgeschwindigkeiten sind die Boote aber noch weit entfernt. Boris Herrmann segelt nun im Hauptfeld und macht nach einer ersten Reparatur und dem Zurückfallen auf Platz 40 wieder Boden gut. An der Spitze befinden sich nach rund 150 zurückgelegten Seemeilen (278 Kilometer) in Charlie Dalin, Sébastien Simon, Sam Goodchild und Yannick Bestaven bereits die “üblichen Verdächtigen”.

Video: So lief der Start der Vendée Globe mit Boris Herrmann

Begeisterte Zuschauer an Land und zu Wasser und mit wenig Wind kämpfende Skipper: Der Start der Vendée Globe 2024 in der ausführlichen Zusammenfassung:

Herrmann mit kleinen technischen Problemen

Kurz nach dem Start hatte Boris Herrmannn auf der Malizia mit kleinen technischen Problemen an der Bootssteuerung zu kämpfen. Ein Teil musste getauscht werden. “Ich hatte eine kleine Challenge”, berichtete der Hamburger, der mehrere Telefonate mit der Technik-Crew an Land führte. “Jetzt ist es wieder gut.”

Auch ein Grund, warum der 43-Jährige von “keinem so guten Start” in die Vendée Globe 2024 sprach. Dazu kam ein bisschen Pech. “Die vorausfahrenden Boote hatten denselben Wind, haben ihn nur früher erwischt. Aber das ist nicht das Ende der Welt.”

Video: Boris Herrmann wagt seine zweite Vendée Globe

Bei seiner Premiere vor vier Jahren wurde der Hamburger am Ende Fünfter. Eine bessere Platzierung verhinderte die Kollision mit einem Fisch-Trawler kurz vor dem Ziel. Nun ist Herrmann wieder in See gestochen.

Die Strecke: 45.000 Kilometer rund um den Globus

In Les Sables d’Olonne an der französischen Atlantikküste begann und endet die Hatz über 24.300 Seemeilen (45.000 Kilometer) rund um den Erdball. Die Strecke führt zunächst Richtung Süden, vorbei am Kap der Guten Hoffnung (Südafrika). Die Segler nehmen dann Kurs auf die Antarktis, die es zu umrunden gilt, vorbei am Kap Leeuwin, dem südwestlichsten Punkt des australischen Festlands. Zurück Richtung Norden steuern sie Südamerika und das Kap Hoorn an, bis sie sich schließlich wieder Frankreich nähern, wo sie Ende Januar erwartet werden.

So ist die Vendée Globe in gewisser Weise auch eine Art Klimareise: Vom herbstlichen Frankreich führt die Route runter auf die sommerliche Südhalbkugel und dann rund um die Antarktis zurück ins winterliche Europa.

Die Boote kommen kaum vom Fleck

Die Boote kommen kaum vom Fleck, stehen teilweise. Das ist nicht nur nervig für die Skipper, sondern auch anstrengend, denn die Konzentration muss unentwegt hoch bleiben, um Wind zu erwischen und an denen dran zu bleiben, denen dieses Kunststück vielleicht gelingt. Die Bedingungen werden sich laut Wetterprognose in den nächsten zwölf Stunden kaum ändern. “Dann sind die am nächsten Tag fertig”, sagt NDR Experte Tim Kröger.

Video: Das warfare die spektakuläre Parade vor dem Start

Was für ein Abschied für die Weltumsegler am Sonntagmorgen. Trubel, Tränen und tolle Bilder gab es bei der Parade der Skipperinnen und Skipper vor dem Start der Vendée Globe. 350.000 Zuschauende waren in Frankreich dabei.

Boris Herrmann ist gut weggekommen…

… und liegt nach 15 Minuten sogar vorn. Damit hat er sich seinen Wunsch nach einem gelungenen Start erfüllt und segelt vorneweg. Und das mit einem Boot, das sich vermeintlich bei leichtem Wind etwas schwertut. “Guter Start”, vermeldete der “Malizia-Skipper” kurz nach dem Kreuzen der Startlinie.

Vendée Globe 2024 ist gestartet!

Die Weltumseglung hat begonnen. Keiner bekommt eine vierstündige Strafzeit aufgebrummt, niemand warfare zu früh dran – ein sauberer Start der gesamten Flotte. Aber nun ist es in der Anfangsphase ein Nervenspiel, bei dem es darum geht, jeden Hauch Wind zu erwischen.

Boris Herrmann über die Bedeutung des Starts

“Es ist eine hohe Konzentration gefordert. Gleichzeitig auf 40 Wettbewerber zu achten, Windstärke, Windrehung vielleicht, da Bedarf es schon einer ganz besonderen Intensität und Präsenz, um so etwas gut hinzukriegen. Da muss man wirklich wach sein. Es ist ein großer Moment für uns, auch wenn der Start in den drei Monaten des Rennens sportlich gesehen fast symbolisch ist, aber es kann eben viel schiefgehen und wenn es gut läuft, segelt man frei weg nach vorne und man muss sich nicht die ersten 24 Stunden damit auseinandersetzen, 40 Boote nach und nach zu überholen.”

Flaue Winde zum Start

“Wir werden keine foilenden Imocas sehen”, prognostiziert NDR Segel-Experte Tim Kröger vor dem Start in einer guten halben Stunde. Vorhergesagt waren warfare fünf bis zehn Knoten Wind, aber auch damit wird es erst einmal nichts. Nördlich von Les Sables d’Olonne soll etwas mehr Wind sein, aber vor der Küste sind es nur drei bis vier Knoten.

“Das ist echt nicht so prickelnd”, so Kröger: “Sie werden mit vollem Großsegel und Code Zero losfahren.” Man solle das Segeln bei diesen Bedingungen aber keinesfalls unterschätzen: “Es ist viel anspruchsvoller, weil man versucht jeden Hauch, jedes bisschen Druck auszunutzen und in Bootsspeed umzumünzen.”

Neue Doku über Boris Herrmann

Zum Start der Weltumseglung gibt es in der ARD Mediathek die neue Doku “Boris Herrmann – Segeln am Limit” – ein intimes Porträt des deutschen Extremseglers.

Kurz vor dem Start: Will Harris in Action, Herrmann ruht

Für Boris Herrmann ist die Zeit zwischen Ausdocken und Start die letzte Gelegenheit, noch einmal etwas zur Ruhe zu kommen. Vermutlich hat er sich gerade etwas hingelegt und tankt bei einem Power-Nap Kraft. “An Bord bin ich bis zehn Minuten vor dem Start eine Art Passagier, bis ich von meinem langjährigen Co-Skipper Will Harris das Kommando übernehme. Bis dahin ist er dafür verantwortlich, das Boot vorzubereiten und die Segel zu setzen, gemeinsam mit dem Rest vom Team Malizia. Es sind fünf Leute an Bord, die das gemeinsam bewerkstelligen”, schilderte der fünfmalige Weltumsegler im Vorfeld.

Harris entscheide auch, “welches Segel wir beim Start setzen, wo wir das Material an Bord stauen und wie wir das Boot optimieren. Und ich kann mich ganz darauf konzentrieren, mich nochmal auszuruhen, wenn wir aus diesem langen, für Les Sables d’Olonne typischen Kanal ausgelaufen sind. Ich kann einen kleinen Nap machen, etwas essen, mir das Wetter anschauen und übernehme erst kurz vor dem Start das Ruder.” Harris springt dann als Letzter im Überlebensanzug von Bord und wird vom Schlauboot aufgenommen, während Herrmann das Boot über die Startlinie segelt.

Parade der Skipper vorbei – 350.000 Zuschauende dabei

Die mehrstündige und emotionale Parade der Skipperinnen und Skipper ist vorbei – eine gigantische Prozession moderner Abenteurer vor rund 350.000 Zuschauenden! Als letzte der 40 Teilnehmer – 6 Frauen und 34 Männer – hat die erst 23-jährige Französin Violette Dorange den Hafen verlassen. Alle sind nun auf dem Weg zum Start, der um 13.02 Uhr erfolgt.

Boris Herrmann vom Team Malizia winkt von Bord.

Boris Herrmann genießt die Kulisse und die Vibes

Kein Blatt Papier passt mehr zwischen die Zuschauenden in Les Sables d’Olonne, und an den Schiffen verabschieden Familie und Teammitglieder ihre Lieben. Boris Herrmann, der mittlerweile ausgedockt hat, freut die Kulisse, die so anders ist als vor vier Jahren während der Corona-Pandemie: “Beim letzten Mal war es hier komplett leer, ein paar Journalisten waren da, aber keine Zuschauer. Jetzt ist natürlich toll, dass man noch die Stimmung und die Vibes des Supports und der mentalen Teilnahme der Leute aufnehmen kann, die am Boot warten. Ich bin sehr dankbar, dass sie hier sind und mich unterstützen.”

Damien Seguin im Piratenlook

Der zweimalige Paralympics-Champion Damien Seguin warfare wie Boris Herrmann schon vor vier Jahren dabei – als erster Teilnehmer der Vendée Globe mit einem Handicap. Der Franzose wurde mit nur einer Hand geboren. Im Piratenlook sticht der 45-Jährige in See.

Damien Seguin bei der Vendée Globe 2024.

Ebenfalls mit Piratenhut beim Auslaufen an seiner Seite: sein Landsmann Nikola Karabatic, ehemaliger Profi des THW Kiel und dreimaliger Welthandballer.

“Rock around the Globe” – Überragende Stimmung im Hafen

Eine ganz andere Szenerie als vor vier Jahren während der Corona-Pandemie erleben Segler und Zuschauende in Frankreich. Da durften keine Fans dabei sein. Nun stehen sie dicht gedrängt und jubeln, Euphorie und Emotionen pur. Es ist eine gebührende Verabschiedung für die Gladiatoren der See.

Zuschauer bei Start der Vendée Globe

Boris Herrmann hat ausgedockt

Die Reise hat für Boris Herrmann begonnen, an Land fließen Tränen. Noch ist eine Menge los an Bord, doch vor dem Start werden Malizia-Mitbegründer Pierre Casiraghi und Co. ins Schlauchboot wechseln und den Skipper endgültig verlassen.

Boris Herrmann und Hündin Lilly auf dem Weg zur Malizia

Und da ist Boris Herrmann bei der emotionalen Parade der Skipper, der Verabschiedung an Land. Zuletzt hat er sich rar gemacht, ist schon längst im “Tunnel”. In Begleitung von Hund Lilly geht er unter dem Jubel Tausender Segel-Fans über den Steg zur Malicia. Sehr gut gehe es ihm, sagt Herrmann beim schnellen Interview und winkt in die Menge. Der 43-Jährige wirkt entspannt, wie es wohl in ihm aussieht vor der voraussichtlich rund 80-tägigen Strapaze? Fürst Albert II von Monaco umarmt ihn zum Abschied – und natürlich Ehefrau Birte, die zum Start aus Hamburg angereist ist und ein paar Tränen verdrückt.

Boris Herrmann auf dem Weg zur Malizia

Dalin legt als Erster ab

Der Imoca-Weltranglistenerste Charlie Dalin legt als Erster im Hafen in Les Sables-d’Olonne ab und macht sich mit seiner Yacht Macif durch den Kanal auf den Weg in Richtung Startlinie. Tausende begeisterte Zuschauende stehen Spalier. Der Franzose gilt als einer der Top-Favoriten auf den Sieg. Boris Herrmann prognostiziert, dass der Franzose zumindest im Atlantik vorneweg segeln wird. Noch knapp fünf Stunden bis zum Start.

Charlie Dalin legt ab, Tausende Zuschauer jubeln ihm zu.

Fürstenbesuch am Tag vor dem Start

Hoher Besuch an Bord der Malizia – Seaexplorer in Les Sables-d’Olonne. Boris Herrmann mit Fürst Albert II von Monaco und Pierre Casiraghi (v.l.) an Bord der Yacht, mit der er am Tag darauf in die Weltumseglung startet. Der Sohn von Prinzessin Caroline von Monaco hat das Team Malizia 2016 gemeinsam mit dem Hamburger gegründet.

Boris Herrmann, Fürst Albert II von Monaco und Pierre Casiraghi (v.l.)

Tim Kröger begleitet die Vendée Globe für den NDR

Violette Dorange erfüllt sich ihren Segel-Traum

Mit gerade einmal 23 Jahren erfüllt sich Violette Dorange ihren Traum und segelt bei der Vendée Globe nonstop alleine um die Welt. Ihre Offshore-Karriere begann die Französin mit 15 – da überquerte sie mit einem Opti den Ärmel-Kanal. Seit zwei Jahren ist sie nun in der Königsklasse des Einhand-Segelns dabei – und zählt mit der Yacht DeVenir bereits zu den Favoritinnen unter den Imoca ohne Foils.

“Im Tunnel” – Boris Herrmann blendet den Trubel aus

“Ich bin definitiv in einem mentalen Tunnel”, sagt Boris Herrmann kurz vor dem Start seiner zweiten Vendee Globe. Den großen Trubel im Hafen von Les Sables d’Olonne blendet der 43-Jährige für sich völlig aus und kapselt sich auch von seinen Kontrahenten ab. “Ich habe überhaupt keinen Kontakt zu den anderen”, so der fünfmalige Weltumsegler: “Aus der Distanz winkt man mal, aber ich habe mich mit keinem Skipper unterhalten.” Zu fokussiert ist er bei seinen letzten Vorbereitungen auf die riesengroße Herausforderung.

Da ist was los: Segel-Fans im Race Village von Les Sables d’Olonne.

Wer ist der Top-Favorit, wo steht Boris Herrmann?

Der französische Weltranglisten-Erste Charlie Dalin (Macif Santé Prévoyance) gilt für viele als Top-Favorit auf den Sieg. Nicht aber für Boris Herrmann. “Er hat ein Boot, das im Atlantik sehr schnell sein wird, er dürfte als Erster im Südpolarmeer ankommen”, prognostiziert er. Dalins Schiff funktioniert bei flachem Wasser und stabilen Windverhältnissen perfekt, aber wird es rauer, könnte es anders aussehen. Dann schlägt die Stunde der aufs Südpolarmeer ausgelegten Schiffe. Wie die von Yoann Richomme (Paprec Arkéa) und Thomas Ruyant (Vulnerable) – und von Herrmanns Malizia – Seaexplorer.

Dalin, der vor vier Jahren als Erster die Ziellinie überquert hatte, dann aber seinem Landsmann Yannick Bestaven nach dessen Zeitgutschrift infolge der Rettungsaktion für Kevin Escoffier den Vortritt lassen musste, sieht in Herrmann einen ernst zu nehmenden Konkurrenten: “Er ist definitiv immer stärker geworden. Bei den beiden Solo-Transatlantikregatten im Frühling hat Boris jeweils den zweiten Platz gemacht. Er segelt jetzt auf sehr hohem Niveau und ist sehr konstant. Für mich gehört er ganz klar zum Kreis der Favoriten. Wir werden sehen, wem das Wetter und die Verhältnisse auf See am Ende in die Karten spielen.”

Boris Herrmann optimistisch: “Zählen zu den Favoriten”

“Ich denke, wir zählen zu den Favoriten”, sagt Boris Herrmann. “Wir sind in den vergangenen vier Jahren die meisten Meilen gesegelt. Wir haben dieses neue Schiff als erstes unter allen neuen Booten da draußen bekommen und sind damit um die Welt und durch das Südpolarmeer gefahren, um es bewusst auf die Vendée Globe vorzubereiten.”

“Für mich ist die Vendée Globe mehr als ein Rennen; vielleicht ist es nicht einmal ein Rennen. Ich versuche, es als eine Reise zu sehen.”
— Boris Herrmann

Seit ihrem Stapellauf im Juli 2022 ist die neue Malizia – Seaexplorer schon über 60.000 Seemeilen (über 112.000 Kilometer) im Rennmodus gesegelt. Theoretisch hätte sie die Erde moreover bereits drei Mal umrunden können. Dieses Jahr setzte Herrmann bei zwei Transatlantik-Regatten mit zwei zweiten Plätzen dicke Ausrufezeichen.

In ruhiger See hat die Malizia Nachteile. Das Boot mache immer dann die beste Fahrt, wenn der Wind mit 20 bis 25 Knoten von hinten kommt, so der Hamburger. Beste Voraussetzungen: “Statistisch betrachtet segeln wir zu über 70 Prozent des Rennens mit Wind von hinten.” Die Vorteile seiner Yacht sollten sich insbesondere auf der schwierigen und notorisch ruppigen Stecke rund um den Südpol bemerkbar machen.

Herrmann größte Challenge – die Einsamkeit

Es ist vor allem die Einsamkeit, die Boris Herrmann fürchtet. Nicht die erbarmungslosen Stürme in völliger Abgeschiedenheit weit weg vom nächsten Hafen oder das unkomfortable Leben an Bord mit Astronautennahrung und voller Schlafmangel. Aber über 80 Tage kein physischer Kontakt zur Familie, zu Freunden, das beschäftigt den Hamburger. “Nach der letzten Vendée Globe habe ich versucht, einen Psychologen zu finden, der mir helfen sollte. Aber ich habe niemanden gefunden, der nachvollziehen konnte, was ich durchmache”, sagte er.

Er verspüre nicht den Druck wie beim ersten Mal, “dass mein weiterer Karriereweg davon abhängt”, sei aber dennoch aufgeregter: “Woran das liegt, weiß ich gar nicht so genau.” Aber: “Es ist immer noch eine Reise ins Ungewisse.”

Dieses Thema im Programm:
Sportclub | 10.11.2023 | 22:50 Uhr



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